Tierarztwissen: Herbstgrasmilben bei Hund und Katze
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Herbstgrasmilben bei Hund und Katze

Sommer - Sonne - Herbstgrasmilben! Fieser Juckreiz und viele kleine rote Quaddeln nach dem Streifzug durch die Wiesen gehen meist auf ihr Konto. Wie Sie Ihr Tier schützen können und was gegen das Jucken hilft, lesen sie hier.

Erstellt am: 31. August 2021 - Aktualisiert am: 19. Februar 2024 von Dr. Hölter Tierärzteteam
Inhaltsverzeichnis

Was sind Herbstgrasmilben?

Herbstgrasmilben (Neotrombicula autoumnalis) sind in Deutschland weit verbreitete Parasiten, die auch als Herbstmilben, Erntemilben, Heumilben und Grasmilben bekannt sind.

Erwachsene Herbstgrasmilben ernähren sich von Pflanzenresten am Boden, sind also Vegetarier. Nur die orangeroten Larven der Herbstgrasmilben haben es auf tierische Nahrung abgesehen. Sie kriechen vor allem zwischen Juli und Oktober an Pflanzen hoch (bis etwa Kniehöhe) und befallen vorbeilaufende Wildtiere, Hunde, Katzen und Menschen. Vor allem im niedrigen Gras, sprich auf Wiesen und Rasenflächen, oder auch in Laubhaufen, findet man die Herbstmilben massenhaft.

Herbstgrasmilben-Larven stechen nicht, und so richtig beißen tun sie eigentlich auch nicht. Sie ritzen mit ihren Mundwerkzeugen die oberste Hautschicht an, lösen mit einem Speichelenzym das Gewebe auf und trinken es. Dazu basteln sie sich zuerst aus ihrem Speichel ein Saugrohr (Stylostoma), durch das sie ihre Mahlzeit schlürfen können. Blut trinken die Larven nur, wenn sie zufällig ein kleines Hautgefäß beschädigen.

Sind die Milben nach einigen Stunden oder (bis zu 3) Tagen satt, lassen sie sich fallen und entwickeln sich zu erwachsenen, vegetarisch lebenden Milben. Oft werden sie auch schon früher durch Kratzen oder Scheuern entfernt.

Obwohl die Herbstgrasmilben nicht so lange am Körper bleiben: Der durch ihren Speichel verursachte Juckreiz kann bis zu zwei Wochen anhalten. Die meisten Menschen - und wohl auch Tiere - finden die Milbenbisse viel quälender als Mückenstiche.

Herbstgrasmilben: Wie erkenne ich einen Befall bei Hund und Katze?

Typisch ist, dass die Herbstmilben-Larven normalerweise im Rudel auftreten und eine Vorliebe für wenig behaarte, warme, dünne Hautstellen haben. Bei uns Menschen kriechen sie zum Beispiel gern in die Kniekehle oder weiter bis zum Rand der Unterwäsche. Bei Hund und Katze findet man Herbstmilben vor allem in Körperbereichen, die Kontakt zum Boden hatten:

  • Pfoten, Beine (z.B. zwischen den Zehen)
  • Bauch, Brust (z.B. in Achsel, Leiste)
  • Kopf (z.B. am Kinn, in der Ohrfalte, rund um die Augen)

Die Herbstgrasmilben hinterlassen dort viele kleine rote Quaddeln, bei Menschen auch bekannt als Erntekrätze. Hunde und Katzen sind manchmal so stark befallen, dass es aussieht, als litten sie unter Räude.

Wenn sie noch am Körper sitzen, kann man die winzigen, ca. 0,3 mm großen Larven als orangerote Pünktchen erkennen.

In Nordeuropa übertragen Herbstgrasmilben zum Glück keine Krankheiten. Sie werden auch nicht vom Tier auf den Menschen oder umgekehrt übertragen. Ihre Bisse sind also lästig, aber in der Regel nicht gefährlich. Allerdings kommt es manchmal bei Hunden und Katzen zu allergischen Reaktionen, die tierärztlich behandelt werden müssen.

Wie kann ich Hund und Katze vor Herbstgrasmilben schützen?

1. Kontakt zu Herbstgrasmilben meiden

Am besten ist es, jeden Kontakt zu den lästigen Milbenlarven zu vermeiden. Eine befallene Wiese auf der Gassirunde mit dem Hund zu umgehen, ist oft relativ einfach. Sind die Herbstgrasmilben im eigenen Garten unterwegs, wird es schon schwieriger ihnen aus dem Weg zu gehen. Häufiges Rasenmähen und Gießen können helfen, die Milben loszuwerden. Wichtig ist aber, den Rasenschnitt nicht auf dem Kompost zu entsorgen (wo sich Nagetiere oder Vögel infizieren könnten).

Test: Ist der Rasen voller Herbstgrasmilben oder nicht?

Wer wissen möchte, ob sein Garten oder die Lieblingswiese von Herbstgrasmilben befallen ist, kann das leicht herausfinden: einfach an einem sonnigen Plätzchen etwas Weißes (Papier, Stoff, Teller …) ins Gras legen und eine Weile abwarten, ob orangefarbene Pünktchen darauf erscheinen.

Katzen, in deren Revier sich viele Herbstgrasmilben tummeln, müssen unter Umständen während der Hochsaison der Herbstgrasmilben tagsüber im Haus bleiben.

Bei Nässe, am frühen Morgen und nachts ist das Risiko, sich Milben aufzusacken deutlich geringer. Nächtlicher Freigang für Katzen und Hunderunden in der Dämmerung oder bei Regen können deshalb in Milbengebieten eine Erleichterung für das Tier bringen.

2. Nach dem Aufenthalt im Freien Milbenlarven entfernen

Am besten sollte man die Herbstgrasmilben-Larven entfernen, bevor sie sich ein gemütliches Plätzchen zum Fressen gesucht haben. Deshalb ist eine Fellkontrolle beim Nachhausekommen sinnvoll. Direkt nach einem Spaziergang lassen sie sich relativ leicht loswerden, indem man gefährdete Körperbereiche (v.a. Pfoten) abwäscht oder mit einem feuchten Tuch abwischt. Auch beim Kämmen werden sicherlich einige Milben (da sie so klein sind aber vermutlich nicht alle) aus dem Fell entfernt.

Entdeckt man die Milben erst, wenn sie ihre Mahlzeit schon begonnen haben, kann man sie mit speziellen Shampoos oder Sprays aus der Tierarztpraxis abtöten. Auch Öl soll helfen, wenn man es direkt auf die Larven aufträgt, indem es sie erstickt. 

3. Herbstgrasmilben abwehrende Spot ons oder Sprays

Herbstgrasmilben lassen sich mit Produkten abwehren, die natürliches Pyrethrum aus Chrysanthemen, oder dessen im Labor hergestellte Abkömmlinge, die Pyrethroide (z.B. Permethrin), enthalten. Diese Wirkstoffe vertreiben die Plagegeister nicht nur, sondern töten sie bei Kontakt ab, indem sie ihr Nervensystem lähmen.

Pyrethrum-Pulver aus getrockneten “Insektenblumen” haben schon die sprichwörtlichen alten Römer genutzt, um sich vor Ungeziefer wie Zecken, Läusen, Flöhen und Mücken zu schützen. Da natürliches Pyrethrum durch UV-Licht schnell abgebaut wird, muss man die heutzutage erhältlichen Sprays täglich auftragen.

Die synthetischen Pyrethroide wirken deutlich länger und stärker als natürliches Pyrethrum. Es gibt sie als Bestandteil von Zeckenmitteln als Spot ons (für Hunde) oder Sprays für Hunde und Katzen in jeder Tierarztpraxis oder Apotheke zu kaufen. Explizit für Herbstgrasmilben zugelassene Repellentien gibt es nach Angaben der ESCCAP-Parasitologen derzeit nicht.

Pyrethroide werden nicht über die Haut aufgenommen und sind für Säugetiere eigentlich nur wenig giftig. Katzen können aber mit Vergiftungserscheinungen reagieren, wenn Pyrethroide zu hoch dosiert werden, weil sie die Wirkstoffe nicht gut abbauen können und sie bei der Fellpflege in den Körper gelangen. Deshalb sind die lang wirkenden und hoch konzentrierten Hunde-Spot-Ons für Katzen lebensgefährlich. Sprays sollten bei Katzen vorsichtig und genau nach Herstellerangaben angewendet werden.

Achtung: Pyrethroid-haltige Spot ons bieten Hunden einen lange anhaltenden Schutz gegen Herbstgrasmilben und andere Parasiten, dürfen bei Katzen aber auf keinen Fall angewendet werden! Sie können tödliche Vergiftungen auslösen.
Da Pyrethroide für Fische giftig sind, dürfen Hunde nicht schwimmen gehen, wenn sie mit Spot On oder Spray behandelt wurden.

Herbstgrasmilben: Was tun gegen den Juckreiz?

So schwer es auch ist: Hunde und Katzen sollten an den Herbstgrasmilben-Bissen nicht lecken oder knabbern, damit sie nicht mit Bakterien infiziert werden.

Neben Kühlen kann auch Juckreiz-linderndes Spray oder Gel helfen, z.B.:

Bei wund geleckten Stellen kann unsere Jolostrum Lotion die Wundheilung unterstützen. Kleine offene Wunden, die durch Knabbern entstanden sind, sollten gereinigt werden, zum Beispiel mit alfavet PolySpray, das auch Bitterstoffe enthält, die weiteres Ablecken vermiesen.

Reichen die Hausmittel nicht, zum Beispiel weil das Tier allergisch reagiert, können juckreizlindernde Medikamente vom Tierarzt helfen.

Dr. Hölter und sein Team wünschen einen unbeschwerten Spätsommer!